Gabriele Giesser
Labyrinthe gibt es schon seit Jahrtausenden, überall auf der Welt, in verschiedenen Kulturen, auf Steine, Felsen, Höhlenwände geritzt, als Steinreihen, bekannt aus der Theseus-Sage, im Mittelalter in vielen Kirchenböden oder neben der Kirche als Graslabyrinth angelegt, usw.. Auch heute lassen sich Labyrinthe aus alten Zeiten noch finden. Inzwischen, seit ca. 30 Jahren, gibt es eine internationale Labyrinthbewegung, die an die uralte Tradition anknüpft und sie wieder in unsere Zeit zurück geholt hat. Inzwischen sind über 100 öffentlich zugängliche Labyrinthe in ganz Europa entstanden. Es ist ein optimistisches Symbol für das Leben und seine Vorgänge. Wer sich ins Labyrinth begibt, geht auf verschlungenen Pfaden, kann sich jedoch nicht verirren – anders als im Irrgarten mit seinen Abzweigungen die oft in Sackgassen enden.
Mich fasziniert dieses Symbol in seiner Vielschichtigkeit: Es gibt einen Eingang und ich sehe bereits das Ziel, die Mitte. Ich mache mich auf den Weg, unterwegs immer das nahe Ziel vor Augen. Der Weg ist allerdings viel weiter als gedacht. Eigentlich müßte ich gleich am Ziel sein, aber schon ist da eine Biegung, eine Umkehr, die mich vom Ziel wieder entfernt. Ich brauche einen langen Atem und muß immer wieder bereit sein die Richtung und damit auch die Perspektive zu ändern und geduldig darauf vertrauen, daß ich schließlich doch am Ziel ankommen werde. Nicht der direkte Weg führt mich ans Ziel und das ist manchmal mühsam, verwirrend und frustrierend weil ich lieber schnell und einfach ankommen will. Aber so ist das Leben.
Es hat mir sehr gut getan, mich während dieser Coronazeit wieder einmal mehr mit dem Labyrinth, diesem stärkenden Symbol, zu verbinden. Vielen Dank liebe Beatriz, daß Du mich mit Deinem tollen Projekt dazu inspiriert hast, mich auf eine ganz neue Weise, mit Nadel und Faden, auf labyrinthische Pfade zu begeben. So kann ich jetzt immer ein Taschentuch-Fingerlabyrinth bei mir tragen.
Das Labyrinth ist ein Rätsel.
Es ist das All und die Welt
Das Leben der Menschen
Der Schoß der Mutter Erde
Die Reise
Der Weg zur Mitte
Der Weg zu sich selbst.
(Ingrid Gomolz)
Leave a Reply